62
Geschichte.
und kräftig regiert. Sein Ruf verbreitete sich weit hinaus; selbst
auswärtige Fürsten suchten seine Freundschaft. Der griechische
Kaiser schickte ihm eine Orgel zum Geschenke. Man staunte
dieses Kunstwerk an und kennte seinen Bau nicht begreifen, denn
Niemand in Frankreich verstand bis dahin eine Orgel zu bauen.
Die damaligen Geschichtsschreiber erzählen: dieses bewunderungs-
würdige Tonwerkzeug habe bald das Rollen des Donners, bald
das sanfte Getön der Flöte nachgeahmt, und eine Frau, die sie
zum ersten Male spielen hörte, sei vor Schrecken in Ohnmacht
gesunken und bald darauf gestorben.
Nach Pipins Tode folgte 768 sein ältester Sohn Karl,
ein Mann voll Kraft und Verstand und dabei von so herrlichem
Gemüthe, daß er, wo er konnte, Gutes that, das Wohl^feines
Volkes nie vergaß und nur dann strafte, wenn er mußte. Es
ist nur zu bedauern, daß er während seiner langen Regierung
genöthigt war, fast ohne Unterlaß Krieg zu führen. Am meisten
machten ihm die Sachsen zuthun, die oft den kaum geschlossenen
Frieden brachen und neue Unthaten verübten. Dieses kriegerische
Volk bewohnte damals die weite Ebene zwischen der Elbe, dem
Niederrhein und der Nordsee. Geschützt durch unermeßliche Wäl-
der und Sümpfe, mehr aber noch durch angestammte Tapferkeit,
hielt es fest an den väterlichen Sitten und trotzte jeder fremden
Gewalt. Am meisten haßte es die übermüthigen Franken und
deren Religion. Voll Erbitterung fielen sie wiederholentlich in
das fränkische Gebiet und raubten und mordeten. Karl sah ein,
daß ohne völlige Unterwerfung dieser gefährlichen Nachbarn keine
Ruhe, keine Sicherheit für sein eigenes Reich zu gewinnen sei.
Auch hielt er sich als Christ im Gewissen verpflichtet, das Heiden-
thum und insbesondere die grausamen Menschenopfer unter den
Sachsen auszurotten und diese mit Gewalt zur Annahme des
Christenthums zu zwingen. Auf einer Versammlung der Franken
zu Worms, im Jahre 772, ward der erste Feldzug gegen sie
beschlossen. Er fiel glücklich für Karl aus; die Sachsen wurden
überwunden, baten um Frieden und erhielten ihn. Dann brach
Karl gegen Disiderius, König der Langobarden, auf, ging über
die Alpen, eroberte Oberitalien, setzte jenen König ab und verband
das Longobardenrcich mit dem seinigen. Doch ehe Karl alles in
Italien geordnet hatte, lief die Nachricht ein, die Sachsen seien
unter ihrem kühnen Anführer Wittekind mit Feuer und Schwert
in das Land der Franken eingedrungen. Blitzschnell flog er aus
Italien herbei. Seine Erscheinnng dämpfte sogleich die Empörung.
Auf dem Reichstage zu Paderborn erschien vor ihm eine Gesand-
schaft aus Spanien. Ein arabischer Fürst bat ihn gegen seinen
Sultan um Hilfe. Er versprach sie, brach nach Spanien auf
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken]]
TM Hauptwörter (200): [T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T132: [König Karl Italien Otto Kaiser Papst Reich Sohn Rom Jahr], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl
64
Geschichte.
hergestellt; ungestört konnte man jetzt das Weihnachtsfest feiern.
Die Anwesenheit des mächtigen Königs erhöhte den Glanz des
Festes und zog eine außerordentliche Menschenmenge nach Rom
hin. Römer und Franken drängten sich am ersten Feiertage in
die Peterskirche, dem Gottesdienste beizuwohnen und des heiligen
Vaters Segen zu empfangen. Da trat auch Karl in die Kirche,
ging zum Hochaltar und kniete nach seiner gewöhnlichen frommen
Weise an der untern Stufe nieder, um sein Gebet zu verrichten.
Dann, als er wieder aufstehen und sich entfernen wollte, siehe,
da nahet sich ihm der Papst im feierlichen Gefolge der hohen
Geistlichkeit, mit einer goldenen Krone in der Hand, setzt sie dem
Könige auf das Haupt und salbet ihn zum römischen Kaiser.
Das Volk aber rief drei Mal laut auf: „Leben und Sieg Karl
dem Großen, dem von Gott gekrönten, friedbringenden Kaiser
der Römer!" Sogleich schmetterten die Trompeten: helle Musik
ertönte in den tausendfachen Jubel des Volkes, ein zahlreicher
Chor stimmte den Krönungsgesang an. Unaussprechlich war die
Freude in der Stadt. Von nun an blieb der Kaisertitel als
Auszeichnung bei dem Oberhaupte des deutschen Reiches.
Das Reich Karls des Großen erstreckte sich jetzt von
den Pyrenäen bis zur Oder, von der Nord- und Ostsee bis zum
mittelländischen Meere. Dieses weite Reich zerfiel nachher durch
Theilung, und es entstanden daraus als besondere Staaten:
Frankreich, Deutschland, Holland, die Schweiz. Ober-Italien
hat mannigfache Veränderungen erfahren.
So groß Karl als Kriegsmann war, eben so groß zeigte er
sich in der Regierung seiner Staaten. Er hatte das ganze Reich
in Provinzen getheilt; aus allen mußten ihm Berichte ein-
geschickt werden; nach allen Seiten sandte er Befehle und diesen
wußte er Nachdruck zu geben. Sein Petschaft war in seinen
Degenknopf gegraben. Hatte er nun einen Befehl an einen
halsstarrigen Herzog oder Grafen untersiegelt, so pflegte er wohl
zu sagen: „Hier ist mein Befehl, und hier," den Degen schüt-
telnd, „der, welcher ihm Gehorsam schaffen soll!" Seine liebste
Beschäftigung in den Tagen des Friedens war, sich Kennt-
nisse zu verschaffen und Kenntnisse unter seinem
Volke zu verbreiten. Die gelehrtesten Männer der dama-
ligen Zeit lebten an Karls Hofe und genossen seiner Achtung und
Freundschaft. Ein gelehrter Mönch, Alkuin, besorgte die
Erziehung der Prinzen, und so oft der Kaiser konnte, war er
selbst bei dem Unterrichte zugegen , um mitzuleruen. Karl las
gern gute Bücher; das Schreiben hat er spät erlernt. Besonders
lag ihm viel daran, den Schulen aufzuhelfen, um die Bildung
der Jugend zu fördern. Er ließ deshalb Lehrer aus Italien und
Xr/y
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T132: [König Karl Italien Otto Kaiser Papst Reich Sohn Rom Jahr], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl
dem_Großen Karl Gott Karls Karl Karl Karls Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Rom Peterskirche Ostsee Frankreich Deutschland Holland Ober-Italien Karls Italien
Karl der Große.
61
rühmlichen Leben ein eben so rühmlicher Tod. Während er
nämlich bei der Stadt Le war den Gottesdienst hielt, wurde er
plötzlich von einem wilden Haufen überfallen und mit den Seinen
erschlagen. So starb der heilige Bouifacius, im Jahre 754,
eben in Erfüllung seines Berufes, mit dem seligen Bewußtsein,
Gott bis zum letzten Lebenshauche gedient zu haben.
Das von ihm angefangene Werk ging nicht mit ihm unter,
sondern lebte fort und trug herrliche Früchte. Die vielen neu
erstandenen Kirchen und Klöster, die damit verbundenen Lehr-
anstalten streuten den Saamen des Christenthums weiter aus
und verbreiteten Licht rings um sich her. In den Klosterschulen
lernten die Kinder lesen, schreiben, rechnen, malen und die
Bildnerei. Es trieben die Mönche Handwerke und verfertigten
allerlei Hausgeräthe und Werkzeuge. Von ihnen lernte der Land-
mann solche Arbeiten und verbesserte seinen Zustand. Die Wälder
wurden gelichtet, Sümpfe abgeleitet, unfruchtbare Gegenden in
blühende Felder umgeschaffen. Bon den gebildetern und erfahrner::
Fremdlingen bekam der Landmann Sämereien, Kornarten und
Bäume; er lernte von ihnen nützliche Kräuter kennen. Der rohe,
heidnische Deutsche ward nach und nach ein gesitteter, christlicher
Landmann. Dort, wo sonst die blutigen Altäre seiner Götzen
standen, erhob sich jetzt das Kreuz Christi; heilige Lieder erschollen
zu des neuen Gottes Ehre. Von allen Seiten tönten feierlich
die Glöcklein durch Wald und Flur und riefen die Neubekehrten
zum gemeinsamen Gottesdienste. Um die Kirchen, die man mit
aller Pracht banete, lagerten sich demüthig die kleinen und
niedrigen Hütten der Menschen und erweiterten sich allmälig zu
neuen Dörfern und Städten. So wuchs in Deutschland überall
das Christenthum herrlich empor. Weil aber die neue Lehre zu
denen, welche einsam in entlegenen Haiden wohnten, nicht so
schnell kommen konnte und diese deshalb noch lange der Abgötterei
ergeben blieben, so nannte mau davon alle Nichtchristen Heiden.
/2(o Karl der Große.
Die Nachkommen Chlodwigs des Ersten waren meist
schwache und unmündige Könige, welche ihren Haushofmeistern
dich Regierungsgeschäfte überließen. Dadurch bemächtigten sich
diese, der ganzen Gewalt und ließen den Königen nichts als-, den
Titel. Einer dieser Haushofmeister machte der Sache bald ein
Ende. Er schickte den geistesschwache^Königuns Kloster, sich
selbst aber machte er zum König der Franken. Er hieß Pipin
der Kleine, weil er klein von Körper war; er besaß jedoch
eine außerordentliche Stärke. Das Land wurde von ihm weise
/■ tzf sfö
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T187: [Religion Christus Christ Christentum Zeit Jahr Volk Christenthum Heide Geburt], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T132: [König Karl Italien Otto Kaiser Papst Reich Sohn Rom Jahr], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl_der_Große Karl Chlodwigs
Extrahierte Ortsnamen: Bouifacius Christi Deutschland